Die Mistel gehört zur Unterklasse der Rosidae (Rosenähnliche), zur Ordnung der Santalales (Sandelartiges), und darin zur Familie der Viscaceae (Mistelgewächse). Vorher wurde Viscum zur Familie der Loranthaceae (Riemenblumengewächse) gezählt.

Es sind ca. 90 Arten der Gattung Viscum bekannt. Die einheimische Mistel lässt sich in drei Unterarten aufteilen, die jeweils durch den Wirt bestimmt werden können. Nach dem äußeren Erscheinungsbild lassen sich nicht trennen.

Misteln lassen sich je nach Unterart auf Laubholzbäumen,Tannen oder Kiefern finden.

Die Mistel gehört zu den parasitischen Blütenpflanzen und zählt zu den Halbparasiten.

Erscheinungsbild

Die immergrüne Mistel ist ein Strauch, der einen Durchmesser von bis zu 1,4 m erreichen kann. Seine Äste verzweigen sich auf einem kurzen dicken Stamm zuerst zu einer Fächerform und erst nach einiger Entwicklung zu der typischen Kugelform. Allerdings gibt es auch Außnahmen bei dieser Formbildung, die teilweise auch einen schlaff herabhängenden Strauch zur Folge haben können. Es kann ebenfalls vorkommen, dass bei einem Samen mit mehreren Embryos bis zu 4 Einzelpflanzen zu einem Strauch gehören.

Blätter

Die Blätter der Mistel sind auffallend ledrig. Sie variieren in ihrer Länge, Breite und Dicke aufgrund von Faktoren wie Alter, Ernährung des Wirtes und der Rasse der Mistel. Sie werden eineinhalb bis zwei Jahre alt und wachsen dabei noch weiter. Die Blätter wachsen teilweise gekrümmt und getrennt, man vermutet darin einen Schutz gegen starken Wind vor allem während der Winterstürme. Die Blätter sind außerdem streng gegenständig. Die Epidermiszellen enthalten viel Chlorophyll, was die sehr dunkelgrüne Farbe bewirkt. Die Mistel ist prinzipiell in der Lage ihren gesamten Energiebedarf durch Photosynthese zu decken.

Wurzeln

Das Wurzelsystem ist relativ klein und umgebildet. Im ersten Jahr nach der Keimung wird nur der Primärsenker, auch Primärhaustorium genannt, gebildet. Er ähnelt der Hauptwurzel einer normalen Pflanze. Im folgenden Jahr wachsen die Seitenstränge rechtwinklig zum Primärhaustorium, sie werden auch als Rindenstränge bezeichnet. Sie enthalten Chlorophyll, um Stärke und Fett erzeugen und speichern zu können. Senkrecht zu den Strängen wachsen bis zur Zweigmitte Senker. Sie zapfen die Wasserleitbahnen (Xylem) der Wirtspflanze an. Im Gegensatz zu herkömmlichen Wurzeln besitzen sie keine richtige Wurzelhaube, keine Wurzelhaare, keine Endodermis im Inneren und haben Chlorophyll in ihren Zellen.

Stengel

Die Stengel der Mistel sind grün. Sie besitzen keine zählbaren Jahresringe, um das Alter zu bestimmen, müssen die Sproßglieder gezählt werden. Diese Methode jedoch auch sehr unsicher ist. Die gabelige Verzweigung, die später die Kugelform der Pflanze bedingt, entwickelt sich erst später, anfangs wächst der Stengel normal.

Blüten

Die Blüten werden bereits im Frühsommer angelegt, sie haben also ein geringes Wärmebedürfnis. Sie befinden sich zwischen dem letzten Laubblattpaar, sind eher unscheinbar und blühen unabhängig von dem Wirt. Sie sind ungestielt und gelbgrün. Auf einen starken Blütenstand folgt eine auffällige Vielbeerigkeit. Die Blüten sind eingeschlechtlich, Zwitter kommen nicht vor. Die Mistel ist außerdem ein zweihäusiges Gewächs, Selbstbestäubung ist deshalb nicht möglich. Die Mistelpollen keimen bald nach der Bestäubung aus.

Samen und Beeren

Die weißlichen Beeren der Mistel reifen im November oder Dezember. Auf ihrem Scheitel befinden sich 5 Punkte. Der mittlere war vorher die Narbe, während die vier anderen einmal die Perigonblätter waren. Sie sind erbsengroß und enthalten einen einzigen Kern, welcher in viscinhaltigem Schleim gelagert ist. Dieser Schleim ist zweischichtig, was für die Verbreitung der Mistel wichtig ist. Nur die äußere, zellulosehaltige Schicht ist verdaulich. Die innere Schicht ist unverdaulich und bewirkt  die Fixierung am Wirtsholz, welche für die Verbreitung wichtig ist. In einem Laubholzmistelkern befinden sich 1 – 5 grüne Keimlinge. Die Kerne fallen durch relative Größe und Chromatinreichtum auf. Streng botanisch gesehen kann man weder von Samen noch von Beeren sprechen, doch der Einfachheit halber werden diese Begriffe beibehalten.

Standort und Verbreitung

Die großblütige Riemenblume, aus der sich die Mistel wahrscheinlich entwickelt hat, kommt heutzutage nicht mehr in Europa vor. Durch die Eiszeit hat sie sehr viele Gebiete verlassen hat sich auch nach der Kälte nicht wieder weiter ausgebreitet. Die Mistel ist wesentlich kleinblütiger und wird heutzutage auch nicht mehr zu den Riemenblumen gezählt. Sie kommt heute in Mittel- und Südeuropa sowie vereinzelt in den wintermilden Regionen Nordeuropas vor. Laubholzmisteln wachsen bevorzugt auf Pappeln, Weiden, Linden, Ahorn-Arten, Apfelbäumen und selten auch auf Eichen. Man findet sie jedoch nicht auf Buchen, Buchsbäumen und Nadelgehölzen. Die Tannenmistel bevorzugt die Weißtanne, die Nordmanntanne, die griechische Tanne und wächst vereinzelt auch auf Japan-Lärchen. Die Kiefernmistel wächst nur auf Kiefern, wie ihr Name verrät. Die eigentliche Verbreitung erfolgt durch Vögel wie z. B. die Misteldrossel, die Wacholderdrossel oder den Seidenschwanz. Die Vögel fressen die Beeren der Mistel und scheiden sie dann mit einer Restschleimschicht, aber ohne Beerenhaut, aus. Wenn die ausgeschiedenen Samen auf einem Ast der jeweils bevorzugten Baumart landen, kann dort eine Mistel wachsen. Manche Vögel, wie z. B. die Mönchsgrasmücke, fressen nur die Beerenhaut und lassen die Samen mit ihrer Schleimschicht auf andere Ästen fallen, wo es zur Keimung kommen kann. Die Samen müssen also nicht erst von Vögeln verdaut werden, um keimen zu können.

Schaden und Nutzen

Meistens richtet die Mistel keinen so großen Schaden an, wie man es ihr nachsagt. Sie kann Höhe und Durchmesser der Wirtspflanze negativ beeinflussen und seine Vitalität herabsetzten. Auch können Qualität und Quantität des produzierten Holzes unter ihr leiden. Der Angriff anderer Schädlinge kann erleichtert werden und auch zu vorzeitiges Absterben ist möglich. Allerdings lässt sie eine Mistel oftmals auch leicht entfernen, ohne Schaden zu hinterlassen. Es stirbt sehr selten ein Baum an Mistelbefall und auch nur bei vielfachem Befall.Die Schädigung hängt stark von der Art der Mistel und des Wirts sowie den herrschenden Umständen ab. Experimente zur Bekämpfung von Misteln haben ergeben, dass durch chemische Wirkstoffe wie Herbizide und Wachstumsregulatoren ein guter Effekt erzielt werden kann. Für die Einzelbehandlung ist diese Art der Bekämpfung durchaus geeignet. Allerdings sind die Wirkstoffe nur für Tannen geeignet, da Laubbäume durch sie geschädigt werden. Eine breitflächige Behandlung wird dadurch ausgeschlossen. Außerdem ist der Nutzen der Bekämpfung von Misteln oftmals nicht das Umweltrisiko durch chemische Wirkstoffe wert. Die meistgenutzte Methode zur Bekämpfung der Mistel ist die, resistente Arten anzupflanzen, beziehungsweise anfällige Individuen zu entfernen. Die Mistel ist eigentlich weniger eine Nutzpflanze, da ihre Beeren für Menschen und Tiere aufgrund ihrer Konsistenz schwer genießbar sind. Allerdings hat sie trotzdem einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Nutzen. Der traditionelle Brauch von Mistelzweigen als Weihnachtsschmuck bedingt einen starken Export nach England. Der Schmuckwert der Mistel ist aber auch in anderen Ländern Europas nicht zu vernachlässigen. Dass die Beeren der Mistel zur Bereitung von Vogelleim dienen, wie sehr lange geglaubt wurde, ist allerdings falsch. Die Beeren, die den Vogelleim eigentlich bereiten, sind die der Riemenblume, die zwar mit der Mistel verwandt ist, aber einer anderen Familie angehört.

Ernährung

Viscum album ist ein Wasser und Nährsalzparasit. Er entnimmt der Wirtspflanze Wasser und Mineralstoffe, aber keine Photosyntheseprodukte. Für den Austausch zapft die Mistel die Wasserleitbahnen (Xylemelemente) des Wirtes an und stellt eine Verbindung zu ihren eigenen Leitbahnen her. Es besteht kein Kontakt mit dem Phloem des Wirtes, welches dafür zuständig ist das Wasser aus den Blätter wieder weg zu transportieren. Der Mineralsstoffgehalt der Misteln ist meist wesentlich höher als der der entsprechenden Wirtspflanze. Beim Kaliumgehalt ist dieser Unterschied besonders prägnant.Eine wichtige Rolle spielt auch Stickstoff. Er gelangt in organisch gebundener Form in die Mistel. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Fehlen von Stickstoff wachstumslimitierend wirkt. Dieser Umstand erklärt auch, warum vom Ast abgetrennte Misteln in Wasser schon nach wenigen Tagen welken, während Mistel auf einem abgetrennten Ast in Wasser über einen Monat weiter leben und sogar noch Blätter hervorbringen können.